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Premiere: In der Gefäßchirurgie im Immanuel Klinikums Bernau Herzzentrum Brandenburg, Universitätsklinikum der Medizinischen Hochschule Brandenburg, ist erstmalig im Raum Berlin-Brandenburg eine neu entwickelte Aorten-Stentprothese implantiert worden, mit deren Hilfe sich gefährliche Erweiterungen der Hauptschlagader in der Nähe des Herzens ohne offene Operation behandeln lassen. Die neue Gefäßstütze wird vor allem Patientinnen und Patienten mit hohem Operationsrisiko sowie in Notfallsituationen zugutekommen.

Ein sogenanntes Aneurysma der Hauptschlagader (Aorta) kann unbehandelt eine unmittelbar lebensbedrohliche komplette Zerreißung der Hauptschlagader mit sofortigen starken inneren Blutungen nach sich ziehen. Die über einen Katheter implantierte neue Gefäßstütze mit Zugang über die Leiste stabilisiert diese gefährlichen Erweiterungen der Hauptschlagader in der Nähe des Herzens ohne offene Operation.

Operateur Dr. Erb: „Schonendes Verfahren speziell für Risikopatienten“
Am 15. November hat das Team der Gefäßchirurgie um den Leitenden Oberarzt Dr. Michael Erb und Oberärztin Dr. Christiane Schubert am Immanuel Herzzentrum Brandenburg bei zwei Patienten erstmals den neuartigen Stentgraft via Kathetereingriff implantiert. Die Patienten haben den Eingriff sehr gut überstanden und wurden schon vier Tage nach dem Eingriff wieder nach Hause entlassen. Dr. Erb: „Das neue System bietet speziell für Patientinnen und Patienten, die nur mit hohem Risiko offen operiert werden können, erstmals eine minimalinvasive und damit besonders schonende Alternative. Ich denke, dieses Verfahren wird sich in den großen Gefäßzentren zügig durchsetzen.“ Die Markteinführung dieses neuen innovativen Stentgraftsystems in Europa erfolgte dieses Jahr. Der erste Eingriff in Deutschland fand in Heidelberg und jetzt erstmals im Berlin-Brandenburger Raum in Bernau statt.

Neues System ohne Wartezeiten einsetzbar
Bislang muss im oberen Abschnitt der Hauptschlagader, dem sogenannten Aortenbogen, wegen der dort abzweigenden Arterien zu Hirn und Armen zumindest in Teilschritten offen operiert werden. Denn spezielle, minimalinvasiv einsetzbare endovaskuläre Prothesen müssen individuell angefertigt werden – die Wartezeit hierfür beträgt zwischen zwei bis drei Monate. Die neue Gefäßprothese mit Namen GORE® TBE-Stentgraft (Thoracic Branch Endoprothesis) wurde speziell für diesen Aortenabschnitt konzipiert: Im Drahtgeflecht dieser Prothese ist eine Öffnung für die Abzweigung der linken Armarterie oder Halsschlagader ausgespart. Dort wird ein weiterer kleinerer Stentgraft eingeführt, der dafür sorgt, dass dieses wichtige Gefäß ausreichend durchblutet wird. Der große Vorteil: Die Gefäßstütze ist bereits vorgefertigt und kann direkt benutzt werden ohne weitere Wartezeit für den Patienten. Gefäßstützen werden aus dem Metall Nitinol und einer Kunststoffummantelung gefertigt. Diese stabilisieren zuverlässig gefährliche Erweiterungen der Hauptschlagader. Da das Metall sich im Körper automatisch ausdehnt, wird es zunächst auf Kathetergröße zusammengefaltet, um dann über die Leistenarterie in den Körper vorgebracht zu werden.

Der Röntgendetektor kann Bilder aus beliebiger Entfernung aufnehmen und daraus dreidimensionale, direkt verfügbare Darstellungen erzeugen. Damit gelingt dem Operations-Team eine millimetergenaue Navigation und präzise Platzierung des Stents

Hybrid-OP erlaubt hochpräzise Eingriffe
Die technische Ausstattung im Hybrid-OP erlaubt eine millimetergenaue Platzierung des Stents. Für komplexe Eingriffe wie diesen gibt es am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg eigens zwei Hybrid-Operationssäle mit hochpräziser intraoperativer Bildgebung. Der Röntgendetektor kann Bilder aus beliebiger Richtung aufnehmen und daraus dreidimensionale, direkt verfügbare Darstellungen erzeugen. Zusätzlich können zuvor angefertigte Aufnahmen der Computertomographie in das intraoperative Röntgenbild während der OP eingefügt werden (Fusionsbildgebung). Dr. Erb: „Eine millimetergenaue dreidimensionale Navigation und präzise Platzierung des Stents ist unverzichtbar. Zudem können wir im Notfall, wenn nötig – ohne den Patienten in einen anderen Operationssaal zu verlegen – zu einer offenen Operation wechseln oder Kolleginnen und Kollegen anderer Fachabteilungen hinzuziehen. Das sorgt für zusätzliche Sicherheit bei diesen diffizilen, oft lebensrettenden Eingriffen. Der neue Stent wird die Behandlungsoptionen für unsere Patienten deutlich erweitern.“

Das Team der Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Herzzentrum Brandenburg versorgt jährlich rund 100 Patientinnen und Patienten mit Aneurysmen und Dissektionen (Einrisse der innersten Wandschicht der Aorta).

Chefarzt Prof. Dr. Albes: „Einmalige Voraussetzungen für ganzheitliche Behandlung der Aorta“
Prof. Dr. med. Johannes Albes, Chefarzt der Herz- und Gefäßchirurgie im Immanuel Herzzentrum Brandenburg, sieht die besonderen Chancen insbesondere in der Ganzheitlichkeit des Verfahrens, da die Hauptschlagader in ihrer Gänze als eigenständiges Organ sowohl herz- als auch gefäßchirurgisch versorgt werden muss: „Gerade im Immanuel Herzzentrum Brandenburg haben wir mit der gemeinsamen Herz- und Gefäßchirurgie sowie der Kardiologie ideale und in Brandenburg einmalige Voraussetzungen, solche komplexen Therapien fächerübergreifend einzusetzen. Eine willkürliche Trennung der Behandlung der Aorta in einzelne Bereiche sollte es in Zukunft nicht mehr geben.“

Mehr Informationen zum Immanuel Herzzentrum Brandenburg

Titeilbild: Dr. Michael Erb und Prof. Dr. Johannes Albes (von links). Nicht im Bild ist Dr. Christiane Schubert