Aortenklappenrekonstruktion

Die Aortenklappenrekonstruktion ist eine Wiederherstellung der natürlichen Aortenklappe damit diese wieder voll funktionsfähig wird. Der Eingriff ist ein hochkomplexes chirurgisches Manöver und kann eine sinnvolle Alternative zur Aorten-Prothese darstellen.

Rekonstruktion/Wiederherstellung der natürlichen Funktion der Aortenklappe

Die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit einer dilatierten (erweiterten) Aortenklappe ist ein komplexes herzchirurgisches Manöver. Gelingt dies, bleibt dem Patienten seine natürliche Klappe erhalten, sodass eine lebenslange blutverdünnende Therapie (genauer: gerinnungshemmende Therapie mit dem Vitamin K-Hemmer Cumarin; Falithrom™ oder Marcumar™) oder die Gefahr einer Abnutzung eines biologischen Ersatzes nicht gegeben ist.

In den letzten 15 Jahren haben sich zwei grundlegende Techniken etabliert, die nach ihren Entwicklern und Hauptprotagonisten, Sir Maghdi Yacoub (London, England) und Tyron David (Toronto, Kanada) benannt sind. Daneben haben sich aber auch additive Strategien sowie alternative, vereinfachte Techniken etabliert, sodass Heute in der Herzchirurgie eine Palette von technischen Möglichkeiten vorgehalten wird, eine Aortenklappe entsprechend den individuellen Bedürfnissen des Patienten, also sozusagen maßgeschneidert, zu rekonstruieren. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die beiden Verfahren nach Yacoub bzw. David nicht mehr als konkurrierend anzusehen, sondern als patientenbezogene Lösungen gemäß der vorgefundenen individuellen Morphologie (Gewebeeigenschaften) der Klappe. Ergänzt werden diese dann durch unterstützende Techniken zur weiteren funktionellen Optimierung der rekonstruierten Klappe und Haltbarkeitsverlängerung. Zusätzlich kommen vereinfachte und damit risikoärmere Verfahren in Betracht bei geringer veränderten Klappen.

Grundsätzlich können nur dilatierte Aortenklappen mit morphologisch intakten Taschenklappen (Cuspen) rekonstruiert werden. In Einzelfällen auch bei sogenannten bicuspiden Klappen. Hier liegen bei dem Patienten statt dreier Cuspen im Sinne einer angeborenen Varietät nur zwei Cuspen vor.

In Abhängigkeit von der Ausprägung der Erkrankung besteht sehr häufig ein begleitendes Aneurysma (Aussackung) der Hauptschlagader (Aorta), welches durch die Verfahren mit beseitigt werden muss. Somit erfüllen diese Techniken einen zweiten wichtigen therapeutischen Zweck, die Vermeidung der Ruptur (Zerreißung) einer aneurysmatisch veränderten Aorta und der damit verbundenen, häufig tödlichen Konsequenzen.

Die Veränderungen der Aortenklappe, die ja im ersten Abschnitt der Hauptschlagader (sog. Aortenwurzel) aufgehängt ist, werden durch die Veränderungen bei der aneurysmatischen Erweiterung der Hauptschlagader erzeugt. Zwei Abschnitte sind zu unterscheiden, deren Aufweitung zu einer Schlussunfähigkeit der Klappe führen.

Eine isolierte Dilatation der Kommissurenebene verbunden mit Aussackungen der Sinus kann mit einer Remodellierung der Aortenwandanteile in diesem Bereich und Stabilisierung der Kommissuren im Sinne der Technik nach Yacoub durchgeführt werden.


Eine kombinierte Dilatation beider Bereiche sollte mit einer vollständigen Reimplantation der Klappe nach David behandelt werden.

Die Cuspen selbst können mit geeigneten Maßnahmen in ihrer Funktion optimiert werden. Am häufigsten kommt die Trusler-Plastik zur Anwendung, bei der die Cuspen nach Resuspension noch einmal angerafft und angehoben werden, um die Coaptation zu verbessern.

Eine Modellierung der Cuspen kann aber auch durch Patcherweiterungsplastik, durch eine Raffnaht des freien Randes der Cuspe oder durch eine Verkleinerungsplastik vorgenommen werden.

Die an sich schon komplexe Technik der Remodellierung oder Resuspension muss im Weiteren noch durch die Reimplantation der Koronararterien komplettiert werden. Dadurch ist dieser Eingriff zeitraubend und anspruchsvoll und benötigt reichlich herzchirurgische Erfahrung. Nur eine Minderheit aller Herzchirurgen in Deutschland widmet sich daher regelhaft diesen komplexen Eingriffen.

Eine Vereinfachung des Eingriffs kann vorgenommen werden, wenn lediglich die auseinandergewichenen Kommissuren mit einer sogenannten suprakommissuralen Prothese aufgehängt werden (Resuspension). Bei diesem Manöver kann auf eine aufwendige Rekonstruktion der Klappe verzichtet werden. Ebenso entfällt die zeitraubende Reimplantation der Koronararterien.

In Abhängigkeit von der Länge der aneurysmatischen Veränderung der Aorta kann die Verbindung der Prothese (entweder nach Remodelling, Reimplantation oder Resuspension) mit der Aorta bei geklemmter Aorta oder im tief hypothermen Kreislaufstillstand direkt am oder im Aortenbogen erfolgen. Wichtig ist die dabei die vollständige Entfernung der aneurysmatischen Aorta (Eradikation), um einer erneuten Aufweitung im Langzeitverlauf zu entgehen.

Ergebnisse der Verfahren

Die Rekonstruktion der Aortenklappe muss sich mit den hervorragenden Langzeitergebnissen nach Herzklappenersatz messen lassen. Tatsächlich sind die Risiken um die Operation herum (perioperative Risiken) in den Händen erfahrender Chirurgen in internationalen Statistiken nicht höher als beim Klappen- und Aortenersatz. Die Frühsterblichkeit liegt bei 5 – 8 %.

Von großer Bedeutung ist aber auch die Nachhaltigkeit der Rekonstruktion im Vergleich zum Klappenersatz. Die Notwendigkeit eines erneuten Klappenersatzes aufgrund von Undichtigkeiten oder Verengungen sind nach Ersatz der Klappe und der Hauptschlagader mit einem klappentragenden Conduit (Rohrprothese mit mechanischer Klappe) ist extrem gering und liegt bei unter 5 % im Langzeitverlauf. Natürlich muss nach mechanischem Klappenersatz lebenslang Cumarin eingenommen werden.

Nach Klappenrekonstruktion zeigen internationale Statistiken gute funktionelle Ergebnisse noch nach vielen Jahren. Untersucht wird die Freiheit von erneuten Operationen (Reoperationen) als Ausdruck einer gut funktionierenden Klappe, die nicht erneut dilatiert und damit schlussunfähig geworden ist. Bisher liegen 8 – 10 Jahres-Ergebnisse vor. Diese zeigen eine Gleichwertigkeit aller drei Verfahren im Verlauf von 5 Jahren sowie eine leichte Überlegenheit der Rekonstruktion nach David, also eine etwas bessere Stabilität dieser Operationstechnik im Verlauf bis zu 8 Jahren. Zu bedenken ist, dass bei allen Rekonstruktionsverfahren (und Abwesenheit anderer Anzeigen für eine Cumarintherapie) keine gerinnungshemmenden Medikamente eingenommen werden müssen.

Resümee

Die Aortenklappenrekonstruktionstechniken sind aufwendige herzchirurgische Verfahren, die nicht in allen Deutschen Zentren mit Erfolg durchgeführt werden, da sie eine sehr hohe individuelle Expertise des jeweiligen Operateurs voraussetzen. Eine erfolgreiche Rekonstruktion kann viele Jahre einwandfrei funktionieren und dabei ein großes Stück Lebensqualität erhalten, da auf eine Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten verzichtet werden kann. Bisher liegen 8 – 10 Jahres-Ergebnisse vor. Anzunehmen ist, dass auch im weiteren Verlauf gut rekonstruierte Klappen stabil bleiben. Die Rekonstruktionstechnik nach David könnte in zukünftigen Studien noch deutlicher als das überlegene, weil langzeitstabilere Verfahren aufscheinen. Eine individuelle Beratung und Operation ist bei dem komplexen Krankheitsbild allerdings zwingend notwendig.


 
 
 
 
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