Thrombektomie bei Herzinfarkt
Herzinfarkte entstehen im Regelfall durch eine Erkrankung der Herzkranzgefäße. Kommt es im Bereich einer Gefäßveränderung zu einem Einriss der Gefäßinnnenwand, wird dort die Blutgerinnung aktiviert und es kommt zu einem Verschluss des Gefäßes. Die Thrombektomie ist ein Verfahren, welches das Blutgerinnsel in Kathetertechnik absaugt.
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Was ist eine Thrombektomie?
Bei der Thrombektomie handelt es sich um die Entfernung eines Blutgerinnsels. Für die Behandlung von Herzinfarkten ist das Verfahren soweit verkleinert worden, dass die speziellen Instrumente für eine Thrombektomie über einen kleinen Zugang zum Gefäßsystem bis zum Herzen vorgebracht werden können. Das Blutgerinnsel kann dann entweder abgesaugt werden, oder, im Fall größerer Gerinnsel, erst zerkleinert und dann abgesaugt werden.
Die Thrombektomie macht die Behandlung von Herzinfarkten sicherer und effektiver und wird von uns routinemäßig durchgeführt.
Entwicklung der Therapieformen
Ein Herzinfarkt entsteht, wenn in einer Region des Herzens der Verbrach an Sauerstoff die Sauerstoffzufuhr überschreitet. Herrick erkannte 1912, dass ein akuter Myokardinfarkt durch die Thrombose eines Herzkranzgefäßes verursacht wird. Dabei kommt es im Regelfall zu einem Einriss der Gefäßinnenhaut im Bereich einer vorbestehenden Gefäßerkrankung. Hierdurch kommt es zu einer Aktivierung von Blutplättchen und des Gerinnungssystems mit der Entstehung eines Blutgerinnsels (=Thrombus). Wenn dieser Thrombus zu einem zeitweiligen oder anhaltenden Verschluss des Gefäßes führt, kommt es zu einer Unterversorgung des entsprechenden Herzmuskelabschnitts, zu einer Minderversorgung mit Sauerstoff und zu der Entstehung eines Herzinfarktes.
Da die Bedeutung von Blutgerinnseln für die Entstehung eines Herzinfarktes früh erkannt wurde, ist seit der Verfügbarkeit entsprechender Medikamente in den 80er Jahren eine plättchenhemmende und gerinnselauflösende Therapie fester Bestandteil der Behandlung eines akuten Herzinfarktes. Seit Mitte der 90er Jahre ist bekannt, dass eine mechanische Wiedereröffnung des Herzkranzgefäßes einer rein medikamentösen Behandlung überlegen ist. Dies hat zur Einführung von 24h Bereitschaften zur Behandlung akuter Herzinfarkte geführt.
Trotz aller Behandlungsmöglichkeiten ist es nach wie vor ein Problem, wenn bei einem Herzinfarkt größere Mengen Blutgerinnsel im Herzkranzgefäß vorhanden sind. Da bei einer PTCA das Gerinnsel mit Drähten, Ballons und Stents passiert wird, kann es dazu kommen, dass Teile des Blutgerinnsels verschleppt werden und die Endäste des Gefäßes verstopfen. So kann die Situation entstehen, dass das große, ursprünglich erkrankte Gefäß eröffnet ist, durch die Verstopfung der Endgefäße die Durchblutung trotzdem nicht wieder hergestellt ist.
Von Seiten der Medizinproduktehersteller sind deshalb Mikrokatheter und Zerkleinerungssysteme entwickelt worden, die es erlauben, ein Blutgerinnnsel zumindest teilweise aus dem Gefäß abzusaugen. Seitdem Svilaas und Mitarbeiter zeigen konnten, dass es günstig ist, bei akuten Herzinfarkten Gerinnsel abzusaugen, wird bei uns dieses Verfahren routinemäßig durchgeführt.
Welche Krankheitsbilder werden damit behandelt?
- Akuter Herzinfarkt mit ST-Hebung (STEMI)
- Akuter Herzinfarkt ohne ST-Hebung (NSTEMI) mit Blutgerinnsel
- Wiedereröffnung chronischer Verschlüssen mit Blutgerinnsel
Was bewirkt es und was wird gemacht?
Eine Thrombektomie wird durchgeführt, um die Menge von Blutgerinnseln in einem Blutgefäß zu reduzieren. Dies ist deshalb von Bedeutung, da durch die Manipulation mit Drähten, Ballons und Stents die Gefahr besteht, dass Teile des Gerinnsels verschleppt werden und die Endgefäße, die Kapillaren verstopfen. Gelingt es, durch das Verfahren, die Gerinnselmenge zu reduzieren, wird die Behandlung weniger gefährlich und erfolgreicher.
Von seiner Durchführung folgt das Verfahren den Standardschritten einer PTCA. Wir führen Herzkatheteruntersuchungen bei Patienten mit einem akuten Herzinfarkt zu über 95% von Handgelenk durch, da über diesen Zugangsweg die Blutungskomplikationen seltener sind und die Patienten in größeren Gruppen auch einen Überlebensvorteil haben.
Nachdem in Standardtechnik ein Katheter bis zum Abgang eines Herzkranzgefäßes aus der großen Körperschlagader vorgebracht worden ist, wird über den Katheter ein Führungsdraht vorgebracht, mit dem man den Verschluss oder die Stelle des sichtbaren Thrombus passiert. Der Draht wird im Regelfall bis in die Peripherie des Blutgefäßes vorgebracht, weil so Katheter und Herzkranzgefäß stabil miteinander verbunden sind.
Um ein Gerinnsel aus dem Herzkranzgefäß zu entfernen, verfügen wir über zwei grundsätzlich unterschiedliche Systeme.
- Ist das Gerinnsel sehr groß, verwenden wir ein mechanisches System (ThromCat von Spectranetics) zur Entfernung von Thromben, durch das ein großes Gerinnsel zerkleinert und sicher geborgen werden kann.
- Ist das nachweisbare Gerinnsel nicht so groß, kommen Mikrokatheter unterschiedlicher Hersteller zu Einsatz, mit denen man durch einen zusätzlichen Kanal Gerinnsel absaugen kann. Sind in der Untersuchung Gerinnsel nachweisbar, werden im Regelfall zusätzlich zum Absaugen des Gerinnsels besonders wirksame gerinnnungshemmende Medikamente gegeben.
Wenn das Gerinnsel vollständig oder zum größten Teil entfernt ist, folgt die weitere Behandlung mit Ballons und Stents dem Standardverfahren.
Therapieschritte
- Nach einer örtlichen Betäubung wird die Arterie mit einer Nadel punktiert.
- Über einen Führungsdraht wird eine Schleuse in die Arterie eingeführt.
- Ein Katheter wird bis zum Herzkranzgefäß vorgebracht.
- Die Engstelle oder der Verschluss wird mit einem Führungsdraht passiert.
- Das Blutgerinnsel wird zerkleinert und/oder abgesaugt.
- Das Absaugsystem wird entfernt.
- Die erkrankte Stelle wird mit Ballon und/oder Stent behandelt.
- Ballon und Katheter werden entfernt, die Punktionsstelle mit Druckverband oder Nahtsystem verschlossen.
- Der Patient wird auf die Überwachungsstation verlegt.
Weitere Informationsmöglichkeiten
Aktuelle Informationen zu Herzkrankheiten und Behandlungsmethoden
Deutsche Herzstiftung
herzstiftung.de
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
dgk.org
Patientenfassung der Versorgungsleitlinie
versorgungsleitlinien.de
Literaturempfehlungen
Zu Therapieformen
Sobieraj DM, White CM, Kluger J et al. Systematic review: comparative effectiveness of adjunctive devices in patients with ST-segment elevation myocardial infarction undergoing percutaneous coronary intervention of native vessels. BMC Cardiovasc Disord. 2011; 11: 74.
Quellen
- Peterson KL, Nicod P (Hrsg.): Cardiac Catheterization. Methods, Diagnosis, and Therapy. 1st ed. Saunders. Philadelphia, Toronto, Montreal, Sydney, Tokyo. 1997.
- Topol EJ (Hrsg): Textbook of Interventional Cardiology. 5th ed. Saunders, Elsevier. Philadelphia 2008.
- Krakau I: Das Herzkatheterbuch. Thieme Stutgart, New York 1999.
- Julian D, Braunwald E (Hrsg): Management of acute myocardial infarction. Saunders. London, Philadelphia, Toronto, Marrickville, Tokyo 1994.
- Svilaas T., Vlaar P.J., van der Horst I.C., et al. N Engl J Med 2008;358:557-56.